Ventoux Classic Trial, Malaucène, Fra 15.-16. Okt. 2011

Weltmeister Bernie Schreiber 3.vl, Gilles Burgat 4.vl. Image: Alfred
Weltmeister Bernie Schreiber 3.vl, Gilles Burgat 4.vl. Image: Alfred

4 Weltmeister, 7 WM-Titel

Vier Weltmeister, die insgesamt sieben WM-Titel auf sich verbuchen konnten (Yrjo Vesterinen, Bernie Schreiber, Gilles Bourgat, Thierry Michaud), das ehemalige Werksteam von SWM mit Charles Coutard, Giovanni Tosco, Danilo Galeazzi sowie Teamchef Piero Kucukian und Sportdirektor Danilo Seregni, weitere WM-Veteranen wie Manuel Soler, Jaume Subira, Bernard Cordonnier, Philippe Berlatier, Pascal Couturier, Eric Leujeune usw. fanden sich gemeinsam zu einem Bewerb in Frankreich.

 

Kein WM-Lauf, sondern ein Klassik-Trial

Hier wird nicht von einer WM-Veranstaltung aus dem Zeitraum Mitte der Siebziger bis Mitte der Achtziger des vorigen Jahrhunderts berichtet! Nein, das ist ein Auszug aus dem Teilnehmer- bzw. Besucherfeld vom Ventoux Trial Classic in Malaucène (Frankreich) vom 15.-16. Oktober 2011. Beinahe 100 Bewerbungen musste eine Absage ausgesprochen werden, trotz eines Teilnehmerfeldes von 340 (!!!) Fahrern. Obwohl, oder gerade weil, keine Einzelwertungen der Fahrer durchgeführt werden, sondern nur Teams mit drei Fahrern gemeinsam gewertet werden.

Austrian Scotts 2011, vlnr: G. Ehrenreich, M. Ehrenreich, A. Wagner. Image: Rolf Bernhard
Austrian Scotts 2011, vlnr: G. Ehrenreich, M. Ehrenreich, A. Wagner. Image: Rolf Bernhard

Austrian Scotts 2011

Erstmals seit der Geschichte dieses traditionellen Bewerbes im Süden Frankreichs, ca. 130km nördlich von Marseille gelegen, gab es eine österreichische Beteiligung. Das Trio Gerhard und Martin Ehrenreich sowie Alfred Wagner waren in diesem Jahr bereits gemeinsam in Schottland bei den SSDT (Martin E. ) sowie Scottish Pre65 (Gerhard E. und Alfred W.). Aus diesem Anlass wurde als Team-Name „Austrian Scotts 2011“ gewählt. Für alle drei war es das erste Antreten bei einem (Klassik-)Trial in Frankreich. Trotz der großen Distanzen (über 700km mussten tlw. zurück gelegt werden, damit das Team vollständig war, um danach weitere 800 km von Vorarlberg bis in den Süden Frankreichs herunter zu spulen. Die Rückreise musste so geplant werden, dass Martin am Montag um 7:30 Uhr in Vorarlberg wieder in der Arbeit sein konnte. Alle Teammitglieder waren bis hin zur Packordnung perfekt vorbereitet, so dass die mehrfachen Verladungen sowie die Fahrten zügig und problemlos verliefen.

VTC 2011: Oldtimer in jeder Variaton im Fahrerlager. Image: Alfred
VTC 2011: Oldtimer in jeder Variaton im Fahrerlager. Image: Alfred

Fahrerlager

Am Freitag Abend um ca. 19.30 Uhr kamen die österreichischen „Schotten“ in Malaucene an. Der Weg zum Hotel (mitten im Ort) führte vorbei am riesigen Fahrerlager. Eine lange Schlange von Teilnehmern zeigte an, dass noch immer fleissig die technische Abnahme bzw. die Nennungen durchgeführt wurden. Nach dem Checkin im Hotel ermöglichte das zufällige Treffen mit dem in Teneriffa lebenden Deutschen Rolf Bernhard, dass ein sicherer Parkplatz rasch gefunden war. Tanja, vom Snezzy-Team half sprachliche Barrieren zu überwinden und sorgte für eine rasche und problemlose Nennungsprozedur. Somit war alles fertig für den Start am Samstag um 9:37 Uhr

Last-minute-Problem

Kurz vor dem Start machte ein Vergaserproblem an Martins B40 zu schaffen, das gemeinsam mit Gerhard nach kurzer Suche gelöst werden konnte. Der Bewerb führte in drei Schleifen in die Umgebung von Malaucene. jede Schleife führte zurück zum Start und Ziel und wurde mit den Farben der Spuren markiert, woraus sich eine Rote, Gelbe und Blaue Schleife ergab. Der Start erfolgte im Minuten-Takt. Die kurze Wartezeit jedes Teams wurde dafür genutzt um die Teilnehmer dem zahlreichen Publikum vor zu stellen. Kurz nach dieser Startprozedur erhielten die Fahrer die Punktekarten und der Rundkurs verzweigte in die einzelnen Schleifen. Dieser Ablauf sorgte trotz der Menschenmassen für eine korrekte Startprozedur und vermied Chaos beim Start sowie Staus vor den Sektionen.

VTC 2011, Zwischen Weinbergen hindurch. Image M. Ehrenreich
VTC 2011, Zwischen Weinbergen hindurch. Image M. Ehrenreich

Zwischenstrecke

Die Zwischenstrecke führte zuerst über Gemeindestrassen sowie Wander- und Forstwege. Schnell wurde auch bemerkbar, wie groß der organisatorische Aufwand des Veranstalters war. An etlichen Straßen standen Lotsen bereit, die bei Bedarf den Verkehr sicherten. Auf der Zwischenstrecke wurden die durchfahrenden Teilnehmer mehrfach protokolliert um garantieren zu können, dass keine Fahrer verloren gingen.

Martin Ehrenreich. Image: Rolf Bernhard
Martin Ehrenreich. Image: Rolf Bernhard

ungewohnter Sandstein

Die Region Provence des Alps ist karg und karstig. Ausgewaschene Sandsteinformationen bestimmen das Landschaftbild. Die Böden der zahlreichen Weingärten bestanden häufig aus schottrigem Material. So ließen sich auch ein Großteil der Sektionen beschreiben. Der Untergrund bestand meist aus äußerst griffigem Sandstein. Die meisten Sektionen orientierten sich an den Möglichkeiten von Twinshocks. Die Steilheit von einzelnen Auf- bzw. Abfahrten, sowie die Höhen der Stufen, die rauf und runter zu bewältigen waren, führten häufig zu ungläubigen Kopfschütteln der österr. Teilnehmer. Für alle drei waren diese Sektionscharakteristiken völlig ungewohnt bzw. neuartig. Einige Sektionen war technisch nicht allzu anspruchsvoll. Allerdings zeigten die zahlreichen Kaltmetallverformungsspuren im schmiergelpapierhaften Sandstein, dass es im Falle eines Fehlers kein Halten mehr geben würde…

Gerhard Ehrenreich in wesentlich entschärfter Linie. Image: Martin E.
Gerhard Ehrenreich in wesentlich entschärfter Linie. Image: Martin E.

An die Grenzen heran

Nach mehr oder weniger langen Eingewöhnung auf diese Sektionsbedingungen sowie der erforderlichen Rhythmusanpassung auf die anderen Teammitglieder fanden „le Autriche“ rasch in den Bewerb. Erste Erfolgsmomente wurden rasch gesammelt, womit die Sicherheit auf den teilweise außerordentlichen steilen Passagen, bzw. hohen Stufen zunehmend stieg.

 

Sehr steil, sehr hoch?

Um Begriffe wie „sehr steil“ oder „sehr hoch“ etwas veranschaulichen zu können, sollen zwei Beispiele angeführt werden:

 

An einer Sektion verweigerte der dreifache SSDT Teilnehmer Martin die Abfahrt, da eine Steinstufe so hoch und auch noch unterhöhlt war. Mit Twinschocks schon thrillig, stellte sie für ungepimpte PRE65 ein wirkliches Sicherheitsrisiko dar. Gerhard und Alfred fanden eine Ausweichspur, in der dieser Stufe ca. 40cm an Höhe genommen werden konnte, jedoch schaffte es nur Gerhard die folgenden vorgeschriebenen Richtungspfeile ein zu halten. Eine grobe Belastung für das Material war es noch immer.

Eine Sektion führte eine profilierte Rampe ca. 4 m hoch. Am Ende dieser Rampe war eine ca. 2 m hohe Felswand nahezu senkrecht zu bewältigen. Einem ca. 2 m breitem Plateau folgte wieder eine steile Abfahrt. Alles richtig dosiert war es leichter als erwartet, allerdings mussten wir zusehen, wie sich eine Bultaco ihren Traum vom Fliegen erfüllte und hart am Boden der Realität landete. Diese Passage war auch für die Teilnehmer der „leichtesten“ Spur zu bewältigen.

Alfred Wagner in erster Sektion des Tags mit knackiger Stufe. Image: Rolf Bernhard
Alfred Wagner in erster Sektion des Tags mit knackiger Stufe. Image: Rolf Bernhard

Über neun Stunden Fahrtzeit

Die Sektionen wurden in der Gruppe gemeinsam besichtigt, meist war Martin der erste, der zum Start bereit war und sich auch die Zeit nahm, für ein paar Erinnerungsfotos zu sorgen. Es gab zwar keinen Grund für Stress, jedoch wurde darauf geachtet, zügig voran zu kommen. Nach insgesamt 18 Sektionen, verteilt über einen Rundkurs von ca. 44 km ging es über neun Stunden nach dem Start, aber vollgepumpt mit dem Glückshormon Endorphin in das Fahrerlager zurück. Die Motorräder leisteten trotz der harten Beanspruchung brav Ihre Dienste. Lediglich die B40 von Martin machte zeitweise Probleme aufgrund von Überhitzung.

Große Popularität von Gilles Burgat. Image: Alfred
Große Popularität von Gilles Burgat. Image: Alfred

Nachdem die Motorräder und die Fahrer „gewartet“ waren, ging es zum Festdinner aus Anlass des 30jährigen Jubiläums des Weltmeistertitels des französischen Lokalmatador Gilles Burgat (Weltmeister 1981) Es war ein vergnüglicher Abend der gemeinsam mit den Schweizer Freunden Ernst Stampfli und Ueli Schmid an einem Tisch gefeiert wurde.

Abschied aus der Provence d'alps. Image: Alfred
Abschied aus der Provence d'alps. Image: Alfred

Vorzeitiges Ende

Am Sonntag erfolgte der Start gleich wie am Vortag. Auch der Rundkurs und die Sektionen blieben unverändert. Während Martin und Alfred sofort wieder voll im Bewerb waren, fand Gerhard nicht in seinen Rhythmus. Gleich in der ersten Sektionen mußte er sich von Teilen seines vorderen Bremshebels verabschieden. Ein Reparaturversuch blieb leider erfolglos. Nach einem Materialbruch und einer zeitraubenden Notreparatur war auch Martins B40 nur noch bedingt „zwischenstreckentauglich“. Als Gerhard auch noch zum wiederholten Male unangenehme Bodenkontakte hinnehmen musste, beschloss das Team den Bewerb zu Gunsten einer stressfreien Rückreise vorzeitig zu beenden. Immerhin musste Martin nächsten Tag wieder um 7:30 Uhr in der Arbeit sein. Andere Teams waren schon mit einem kompletten Drittel des Kurses im Vorsprung. Es war tröstend, bereits alle Sektionen gesehen und befahren zu haben. Frei von weiteren Zwischenfällen erreichte die Gruppe unerwartet früh wieder österreichischen Boden und Martin kam auch ohne Schlafdefizit in seine Arbeit.

 

Trotzdem gewertet

Die Veranstalter werteten die nichtgefahrenen Sektionen des österreichischen Teams mit fünf Punkten. In Anbetracht dessen, dass am Sonntag somit für zwei Drittel der Sektionen die Höchstpunktezahl eingetragen wurde, erscheint der 17. Platz unter 44 Teams in der blauen Spur als durchaus erfreuliches Ergebnis und Bestätigung der bis dahin erbrachten Leistungen aller Teamfahrer.

Potenzielle Wiederholungstäter vlnr: A. Wagner, M. Ehrenreich, G. Ehrenreich. Image: Rolf Bernhard
Potenzielle Wiederholungstäter vlnr: A. Wagner, M. Ehrenreich, G. Ehrenreich. Image: Rolf Bernhard

Mustergültige Organisation

Der Ablauf des Bewerbes war mustergültig organisiert und verdiente höchste Anerkennung. 18 Sektionen mit drei und mehr Punkterichtern, sowie zusätzlichen Lotsen und Helfern machten unseren Schätzungen nach einen Mitarbeiterstab von über Fünfzig pro Tag erforderlich. Das Nenngeld von € 82,- für beide Tage pro Teilnehmer ist hoch. Der gebotene Aufwand und Leistung des Veranstalters ermöglichte jedoch ein Gesamtpaket, dass niemand über die Höhe des Nenngeldes auch nur ansatzweise diskutierte.

 

Wiederholungstäter?

Unter den Österreichern war sofort klar: das VTC wird die Mitglieder dieser österreichischen Gruppe sicher wieder sehen. Trotz oder gerade wegen des Erlebten.

 

Alfred (2011) 

Mediencenter:

Fotogallerie von Rolf Bernhard:

Fotogallerie von Martin Ehrenreich:

Fotogallerie Alfred