2 Dies Trial Santigosa Clàssic, Cat. 19.-20. Okt. 2013

Die Geschichte von Mäusen und weichem Metall

In einer Steinmauer bei einem verlassenen Bauernhof lebte eine Familie von Feldmäusen. Der Winter nahte und alle sammelten fleissig essbare Vorräte, außer Frederick…

San Joan de les Abadesses am Berg Santigosa, in Katalanien. Image: www.google.at
San Joan de les Abadesses am Berg Santigosa, in Katalanien. Image: www.google.at

Wie aus der Pistole geschossen: Santigosa!

Das Abenteuer Santigosa begann für mich bereits im Herbst des vorigen Jahres. Ich plante einen Kurzurlaub in Barcelona mit meiner Andrea. Dieser Städtebesuch sollte dabei auch mit einem Besuch einer Trialveranstaltung in Spanien kombiniert werden. Im Jahr davor traf ich den spanischen Klassik-Trialer Javier Gil beim Manx Classic auf der Isle of Man. Meine Frage nach einer empfehlenswerten Veranstaltung in der Nähe von Barcelona wurde wie aus der Pistole geschossen mit „Santigosa“ beantwortet. Womit der Termin für den Städteurlaub auf Mitte Oktober auch gleich festgelegt war.
Zuhause begann ich zu recherchieren. Die Suche nach dem „Wo ist?“ startete mit der Erkenntnis, dass Santigosa der Name eines Berges ist, die Veranstaltung startet in San Joan de les Abadesses, in der Nähe von Ripoll, ca. 1,5 Autostunden nördlich von Barcelona, nahe zur Grenze an Frankreich.

Walther Luft, 1973 Gewinner des 3dts. Image: www.3dts.com
Walther Luft, 1973 Gewinner des 3dts. Image: www.3dts.com

historische Bedeutung des 3 Tage Trial Santigosa

Der Motoclub Abadesses veranstaltet bereits seit 1972 das 3 dies Trial Santigosa.  Dieses 3Tage-Trial wird noch immer veranstaltet und von den Spaniern aufgrund der Sektionscharakeristik als letzte Vorbereitung für das Sechstage-Trial in Schottland genutzt. Von Anfang an, war das Starterfeld sehr international. Während der deutsche Newcomer Franzi Kadlec 2013 mit einem dritten Platz für Furore sorgte, durfte sich 1973 die österreichische Triallegende Walther Luft auf Puch als Gesamtsieger feiern lassen.
Seit 1984 wird das 2 Dia Classic-Trial Santigosa ausgetragen. Auch bei dieser Veranstaltung waren die Nennlisten von Anfang an rasch mit international bekannten Namen besetzt. Den von mir zuvor gesammelten Berichten zufolge, sollten die Klassik-Trials in Spanien generell auf der anspruchsvollen Seite angelegt sein. Eine Vorabinformation auf todotrial.com kündigte den Schwierigkeitsgrad des Santigosa-Klassik Trials im Vergleich zu anderen Bewerben nochmals um eine halbe Spurklasse höher an. Der Webmaster von Todotrial, Horacio San Marco meinte, ein Starrahmen-Motorrad sei in Santigosa überhaupt noch nicht an den Start gegangen. Aber erst beim Studium der Ergebnisse des Vorjahres kamen erste Verunsicherungen in mir auf. Die Pre65-Klasse startete ausschließlich in der einfachsten von drei Spuren. Leute, die anderenorts erfolgreich in der Expertenspur antraten, fuhren hier brav in der Klasse PRE65 und blieben dabei auch nicht fehlerfrei.

… warum arbeitest du nicht, Frederick? Ich arbeite doch, ich sammle Sonnenstrahlen. Später hieß es: „Ich sammle Farben“, oder „Ich sammle Wörter“…

Trialgarten "Racingteam": Joe Wallmann, Sepp Fischer. Image: www.todotrial.com
Trialgarten "Racingteam": Joe Wallmann, Sepp Fischer. Image: www.todotrial.com

Erste Lektion: Katalonien, nicht Spanien

Mit den „Werksfahrern des Trialgarten“ Josef Fischer und dem ehemaligen Staatsmeister Josef Wallmann fanden sich zwei Kollegen, die den Transport der Motorräder organisierten. Viel mehr noch. Obwohl der Zeitplan für den Transport äußerst eng bemessen war, reparierte Fischer sogar noch einen Lagerschaden, den ich leider übersehen hatte, am Hinterrad meines Motorrades inkl. Spezialanfertigung für einen Abstandhalter.
Nach einigen schönen Urlaubstagen in Barcelona hieß es am Flughafen Abschied von meinem Schatz zu nehmen, für mich ging es per Leihauto in den Norden nach San Juan de les Abadesses. Dort traf ich am späten Abend auf Wallmann und Fischer. Der Wirt der Taverne war sehr freundlich. Aber in aller Entschiedenheit wies er darauf hin: „Wir sind nicht in Spanien, wir sind in Katalonien!" Folglich hieß es für "Bitte" nicht „por favor“ (=spanisch)  sondern „si us Plaus“ (katalan).

… Der Winter kam, Vorräte waren reichlich vorhanden. Die Mäuse hatten Spaß...

Peter Carson bei der Seuchewanne, Image: www.todotrial.com
Peter Carson, bei der Seuchenwanne, www.todotrial.com

Lernen Sie Katalan, Herr Reporter!

Voll des Datendranges wurden am Samstag in der Früh die Motorräder ausgeladen und noch einem letzten Check unterzogen. Bei der Anmeldung kam der Schock. Trotz erfolgter Voranmeldung bauten sich im ersten Moment scheinbar nicht überwindbare formale Hürden auf. Die Kombination von etwas Theatralik (2500km-Anreise) sowie die Tatsache, dass ein ehemaliger 3dies-Starter ausgeschlossen werden sollte, ermöglichte eine „österreichische Lösung“. Wir durften außer Konkurrenz teilnehmen. Der anfängliche Schock war gleich überwunden, die neue Vereinbarung trübte keine Sekunde lang die Vorfreude auf den Bewerb. Im Parc fermè trafen wir auch Freunde aus England und der Isle of Man.
Die Teilnehmer wurde im Minutentakt vom Start gelassen. Die Startzeit jedes Teilnehmers war vorzeitig bekannt gegeben worden. So stellten die ersten Teilnehmer Ihre Motorräder bereits im Park Fermè ab, während andere Teilnehmer mit dem Auto gerade im Fahrerlager ankamen. Stress- und staufrei dank guter Organisation!

Gleich nach dem Start musste das Motorrad durch eine Blechwanne geschoben und mit den Stiefeln durch ein Wasserbad gegangen werden, Seuchenschutz. Wenige Meter danach musste eine Strasse überquert werden. Diese Kreuzung wurde von der Polizei abgesichert. Diese aufwändige Lösung waren später mehrfach zu sehen. Das erklärte auch zum Teil, warum das Nenngeld für die Zweitagesveranstaltung € 110,- betrug. Zuzüglich ist zumindest eine One-Event-Lizenz des Katalanischen Verbandes um € 40,- oder ein dementsprechender Ausweis eines nationalen Motorsportverbandes erforderlich. Bereits die erste Sektion zeigte, dass wir Wald- und Wiesentrialer uns umstellen mussten: Es ging laufend über Fels- und Konglomerat-Hänge hinauf. Sie boten zwar sehr guten Grip, aber gesicherte Notausgänge waren (für mein Bauchgefühl) nicht überall vorhanden. Mehrfach musste das Bauchgefühl von der Ratio überzeugt werden: „Schau, das ist zwar hoch aber das geht. Es darf halt nur nichts schief gehen, oder auch nichts am Moped brechen.“

… aber die Vorräte gingen schneller zu Ende als der Winter. Es wurde kalt. Was war jetzt mit den Vorräten von Frederick?...

Bachläufe wie in Schottland. Image: www.motoclubcentpeus.com
Bachläufe wie in Schottland. Image: www.motoclubcentpeus.com

Erinnerungen an Schottland

Andere Sektionen erinnerten sehr stark an die PRE65 Scottish in Kinlochleven. Bachläufe mit Steinen unterschiedlichster Struktur abwechselnd mit Auffahrten über Fels oder Konglomerat, garniert mit unterhaltsamen Verschneidungen. Ich war vorgewarnt. Durchaus bekannte Fahrer fassten im Vorjahr etliche Zeitpunkte aus. In Santigosa ist keine Zeit zum Bummeln, da sollte man ständig in Bewegung sein. Dann würde die Zeit auch kein Problem werden. Was sich hier vielleicht wie „Stress“ lesen mag, ist in Wahrheit höchste Unterhaltung. Auf scheinbar endlosen Wanderwegen geht es gelegentlich auch anspruchsvoll durch das Gelände. Alleine dieser Rundkurs hätte schon das Nenngeld gerechtfertigt. Aufgrund der speziellen Nachteile durch mein Starrrahmen-Motorrad (bockige Originalgabel, gepaart mit "einem Überschuss an Leistungsmangel" ©Peter Ehringer) hielten die Sektionen meinen Adrenalinpegel hoch, der auch auf der unterhaltsamen Zwischenstrecke nie ganz abfallen konnte. Ich fand aber rasch in den Bewerb und fühlte mich gut. Die Punkterichter hatten das zur Verfügung stehende Punkteangebot mit Ausnahme von „5“ gleichmäßig verteilt in Ihre Listen eingetragen. Die Punkterichter hatten eigene Listen, es gab keine Punktekarten für den Fahrer.

Santigosa, der falsche Bewerb für weiches Metall. Alfred auf BSA Bantam
Santigosa, der falsche Bewerb für weiches Metall, Alfred auf BSA Bantam.

Ein Wink von oben?

In diesem „Flow“ kam ich zur Sektion zwölf. Besonders bei Langstreckentrials sind viele Zuseher an Sektionen ein Anzeichen dafür, dass es hier eine verkehrsgünstige Zufahrt oder etwas Besonderes zu sehen gibt. In meiner (einfachsten) Spur ging es über zwei knackige Wasserfallstufen hoch. Mit einem Twinshock gibt es da wenig Probleme. Doch ich fand hier für meine Bantam eine erstaunliche Ansammlung an Details, die sich in der Kiste meiner Erfahrung als mehr oder weniger spektakuläre Abstiege verewigt hatten. Ich suchte sehr lange Zeit nach der richtigen Spur. Da konnte die Vernunft in mir noch so bestimmt sagen: „Kein Problem: konzentriert ran, rechtzeitig Gas und Moped energisch rauf ziehen“, das flaue Bauchgefühl verweigerte den Trialdienst. Also musste auf Plan B zurückgegriffen werden: Sich selbst pushen. Mit kraftvoll geballter Faust, eiserner Miene und immer schneller werdendem Rhythmus: „Daaas geeeht, daas geeht, das geht…“ Es funktioniert, ich überwand meine Zweifel und ging, nein lief zum Motorrad. Rauf auf’s Moped, Kickstart raus, runter getreten, und... Und gar nichts. Kein Ton, der Kickstarter bleibt in der waagerechten Position.
Am Tag vor der Abreise hatte ich noch die Kickstartfeder getauscht, die im Vorfeld gebrochen war. Dabei wurde auch die Kickstarterwelle getauscht, weil bei der ursprünglichen Welle bereits zwei Zähne des Antriebs beschädigt waren. Nun rutschte der Kickstarter über die Verzahnung der Starterwelle. Die Notreparatur blieb leider erfolglos. Ich überlegte ohne Kickstart, also mit ständig laufendem Motor weiter zu fahren. Dagegen sprach, das viele Sektionen in Bächen, somit also an den tiefsten Stellen befanden. Ein Anschieben war nicht überall möglich. Und dann mir auch der Gedanke: „Was will ‚man‘ dir sagen? Warum passiert das gerade hier und jetzt?“. Und da war es wieder, dieses flaue Bauchgefühl. „Es sollte wohl besser nicht sein…“
Ich fragte also nur noch nach dem kürzesten Weg in das Fahrerlager. Die Sektion war tatsächlich der nächsten Straße sehr nahe. Am Weg zurück bemerkte ich erst wie weit entfernt vom Start wir schon waren. Für mich war die Sache erledigt, ich empfand etwas Traurigkeit, da ich nach dem Manx Trial schon wieder wegen eines technischen Defekts aufgeben musste, nach all dem logistischen und letztendlich damit verbundenen finanziellen Aufwand.

…  und Frederick begann zu erzählen. Er erzählte von den wärmenden Sonnenstrahlen. Er beschrieb die Farben der Pflanzen...

Sepp Fischer: "I bin a Finisher!". Image: Alfred
Sepp Fischer: "I bin a Finisher!". Image: Alfred

Wallmann: "ein paar kernige Sektionen waren schon dabei"...

Im Fahrerlager angekommen, verstaute ich die Bantam gleich im Wagen. Ich hatte keine Aussicht auf eine praktikable Lösungsmöglichkeit, auch wenn sie nur provisorisch gewesen wäre. Die Wartezeit viel nicht lange aus. Ich saß gerade im Auto, als ich das Motorengeräusch der Bultaco von Sepp hörte. Als ich gerade beim Aussteigen war, hörte ich nur ein erleichtertes: „I bin a Finisher!“. Als ich das Heck des Autos erreichte, war die Bultaco sauber abgestellt. Sepp lag am Rücken am Boden. Die Arme und Beine hatte er weit von sich gestreckt. Ich kannte dieses Gefühl. Ähnliches hatte ich selbst bereits nach einem Lauf in Colico in Italien erlebt. Daher wußte ich, es besteht keine Gefahr in Verzug. Auch wenn es nicht so aussah, es ging ihm gut, er war glücklich mit sich und über sich selbst. Gerne übernahm ich die Aufgabe, Passanten zu beruhigen, dass alles in Ordnung mit dem am Boden liegenden Kollegen sei. Ich ließ Sepp die Minuten um sich wieder zu sammeln, der anschließend freudestrahlend hoch sprang: „Ich hab’s geschafft!“ Er berichtete auch davon, dass es nach der zwölften Sektion noch wesentlich knackiger wurde. Sepp fuhr in der Spur mit dem „mittleren“ Schwierigkeitsgrad. Auch er berichtete, dass er an einigen Sektionen an die Grenzen seines Fahrvermögens kam. Dabei war aber nicht gemeint, die Sektion zu nullen, sondern gänzlich daran zu scheitern.
Kurze Zeit später kam Joe Wallmann breit grinsend im Fahrerlager an. Aber zu Fuß, ohne Motorrad. Die Bachdurchfahrt an der Ortsgrenze schaffte er gerade noch trockenen Fußes. Dann war der Tank völlig leer. Schon davor wandte er alle Tricks an, um möglichst Sprit zu sparen und auch den letzten Tropfen zu nutzen. Die Arbeitsverweigerung des Motors passierte keine  fünf Minuten zu Fuß vom Fahrerlager entfernt. Daher war das Problem rasch mit etwas Sprudel zum Nachfüllen gelöst.  Wallmann startete in der Expertenspur. In unseren Breiten darf Wallmann noch immer als Gradmesser im Klassik-Trial betrachtet werden, den es zu besiegen gilt. Er erzählte, mit zwei wesentlich jüngeren Fahrern, einer ca. 25 der andere ca. 30 Jahre alt unterwegs gewesen zu sein. Nach den ersten gefahrenen Sektionen, man hatte untereinander noch kaum ein Wort gewechselt, kam einer der beiden auf Joe zu und stellte die Frage aller Fragen: „How old are you?“ (Wie alt bist du?). Der jüngere der beiden nullte spektakulär jede Sektion. Später stellte sich heraus, dass es sich um einen Trainingspartner von Toni Bou handelte. Die hohe Fahrklasse aller drei bildete rasch eine Fahrgemeinschaft, trotz oder gerade wegen des deutlichen Altersunterschiedes. (Wallmann ist bereits über 60 Jahre alt). Die beiden Spanier waren auch später im Fahrerlager noch deutlich erkennbar beeindruckt von der konsequent kupplungsfreien Fahrtechnik von Wallmann. Unaufgefordert standen sie an kritischen Stellen als Fänger bereit, um diesen beeindruckend fahrenden älteren Herrn aus dem fernen Österreich sicher um den Rundkurs zu bringen. Das ist Klasse, die sich nicht auf die Fahrkunst beschränkt! Auch Wallmann berichtete von Sektionen, die auch für seine Verhältnisse äußerst anspruchsvoll waren. Mehrfach wurde ihm beim Besichtigen auf die Schulter geklopft, damit er Pfeile mehrere Meter im Steilhang hoch über ihn nicht übersieht.

"Das mach' ma!" Sepp Fischer. Image Alfred
"Das mach' ma!" Sepp Fischer. Image Alfred

Eine Frage der Ehre

Dass ich so einfach die Segel streichen wollte, kam für Sepp Fischer nicht in Frage. Dem provisorischen Geschnipsel konnte der zufällig anwesende Paul Edwards nicht zusehen und lotste uns gleich zu seinen Kastenwagen. Hier war eine ordentliche Werkbank mit massivem Schraubstock und eine große Eisensäge eingerichet. Erste Versuche zeigten, dass die Maßnahmen zu funktionieren schienen. Ein zweiter Fahrtag rückte für mich also wieder in den Bereich des Möglichen. Doch schon am nächsten Tag war das gleiche Problem wieder da. Nach weiteren Rettungsversuchen und dem dritten Mal, „Das klappt, das klappt nicht“ hatte ich mit dem Bewerb innerlich endgültig abgeschlossen und das Moped im Auto abgestellt.

Paul Edward in mobiler Werkstatt in Aktion. Image Alfred
Paul Edward in mobiler Werkstatt in Aktion. Image Alfred

Widerspurch war zwecklos

Als ein älterer Herr auf mich zukam und fragte, warum ich wieder ohne Stiefel wäre. Er beobachtete schon den ganzen Morgen die Bantam und das Treiben unserer Reparaturversuche. Er ordnete an, das Moped noch einmal aus dem Auto zu holen. Ich war lustlos und etwas frustriert, aber dieser Kerl ließ mir keine Wahl. „Ich bin Mechanikermeister, ich war im Ossa-Werk beschäftigt, das bringen wir hin!“ Widerstand war zwecklos. Mangels an Teflonfäden, zog er Fäden vom Gewebe des Schmirgelpapiers und verarbeitete diese kunstvoll auf die Starterwelle über die dann der Kickstarter geschoben wurde. Es schien zu klappen. In meiner Freude habe ich mich herzlich für die Untersützung bedankt, aber leider nicht einmal nach den Namen gefragt. Kurz bevor ich starten wollte, kam Josef Fischer nochmals zum Auto zurück um etwas zu holen. Das gab mir die Gelegenheit und vor allem auch Sicherheit, dass wir gemeinsam fahren könnten. Auf der Zufahrt zur ersten Sektion, einer längeren Asphaltstrecke folgte mir ein älterer Herr auf einer Enduro auf meiner langsamen Fahrt. Mir wurde klar, warum dieser  Ossa-Mechaniker so hartnäckig war: Er wollte die Bantam in Aktion sehen. Also bemühte ich mich in den ersten beiden Sektionen ganz besonders, das klappte auch ganz gut. Mein Helfer war sichtlich erfreut über das Gesehene.
Obwohl der Kickstarter gleich nach wenigen Sektionen wieder schwächelte, entschied ich diesmal nach Möglichkeit alle Sektionen zu fahren. In den Sektionen wollte ich nichts riskieren, also im Zweifel eine Kampf-Drei, um nicht Gefahr zu laufen, den Motor ab zu würgen. Wenn ich vor den Sektionen keine Gelegenheit hatte, das Motorrad anrollen zu lassen, ließ ich den Motor einfach laufen und versuchte meine Besichtigungszeiten kurz zu halten. Durch das gemeinsame Fahren mit Sepp Fischer hatte ich die Gewissheit auf Hilfe, wenn ich mal wirklich wo feststecken würde. Der zweite Tag war scheinbar in allen Spuren etwas einfacher gesteckt. Und wieder zeigte sich, dass auch die Zwischenstrecke teilweise äußerst unterhaltsam zu fahren war.

Horacio San Martin, 2012 an der Treppe. Image: www.todotrial.com
Horacio San Martin, 2012 an der Treppe. Image: www.todotrial.com

das Städchen Kufstein, an dem grünen Inn...

Nach Bachdurchfahrt ging es wieder zurück in den Ort San Juan de les Arbadesses. Es wartete nur noch die letzte Sektion, ganz in der Nähe von Start und Ziel. Eine lange Steintreppe führte vom erweiterten Bachbett hinauf zu einem Hausdurchgang, der direkt am Marktplatz endete. Während die leichte Spur fast schnurstracks die Treppe hinauf führte, gab es in den anspruchsvolleren Spuren Variationen mit der angrenzenden Böschung mit Kurven über die Treppe hinweg.

Die Stiege war deutlich steiler und vor allem länger, als ich soetwas bisher befahren hatte.Mit einem "normalen" Moped stellt diese Treppe kein Problem dar. Mit einem leistungsschwachen Starrahmen als Untersatz, vor allem mit der unverbastelten Gabel am technologischen Stand von 1948, birgt diese Anforderung durchaus einige Tücken. Eigentlich lautet die generelle Faustregel für Starrahmenfahren: so langsam als möglich, damit das Motorrad nicht bockt und springt und dabei die Bewegungsenergie nach vorne verliert. Doch würden aufgrund der Steilheit und des Energieverlustes an den Stufen die Leistungsreserven fehlen, würde ich zu langsam beginnen. Diese Fragen beschäftigten mich, als ich diese Stiege bei der Besichtigung hochstapfte. Am oberen Ende angelangt, war bereits vor dem Hausdurchgang deutlich Volksfeststimmung vom Marktplatz her zu vernehmen. Ein wenig ausser Atem nach der Bewältigung der steilen Steintreppe, erkannte ich heimatliche Klänge. Das Ende dieser Sektion war der Beginn des Marktplatzes. Scheinbar wurde hier gerade ein Kürbisfest gefeiert. Unter Jubel und Trubel beendeten die Teilnehmer den Bewerb mitten in einem Volksfest zwischen Bierzelt-Tischen und -Bänken. Und mitten in den Pyrenäen, in einem kleinen Dorf an der Grenze zwischen Frankreich und Spanien (äh.. Katalonien) wurde ich mit dem Kufsteinlied und dazu schunkelnden Katalanen empfangen: "Kennst du die Berge, die Berge Tirols..."

… Frederick und was ist mit den Worten? Da erzählte er die schönsten Geschichten..

Javier Gil, Esp. in der Abschlußsektion. Image: motocat
Javier Gil, Esp. in der Abschlußsektion. Image: motocat

Championsleague

Das 2dts, also das 2 dies trial Santigosa besticht durch fantastische Sektionen und einer herrlichen Zwischenstrecke, die auch als Wandertrial geeignet wäre. Die Trialgeschichte zeigt, dass der Einstieg der Spanier in den Trialsport gleich auch das Ende der britischen Herstellerdominanz, also das Ende der PRE65-Motorräder bedeutete. Diese Veranstaltung  ist eindeutig für Twinshocks und deren Möglichkeiten ausgerichtet. Daher waren auch nur wenige PRE65-Teilnehmer am Start, die auch nur in der „leichtesten Spur“ gewertet wurden. Und auch hier war der Anteil der wendigen 2Takter hoch. Einige dieser Teilnehmer finden sich in den Ergebnislisten anderer europäischer Bewerbe durchaus erfolgreich in den Expertenspuren. Santigosa ist nichts für Anfänger oder schwere englische Viertakter. Es setzt ein erhöhtes Mindestmaß an körperlicher Fitness und Fahrtechnik voraus. Der Schwierigkeitslevel der Spuren ist um mindestens eine Spurklasse höher angesiedelt als in unseren Breiten. Ich würde die leichteste Spur in Santigosa gut passend für Klasse „Gentleman“ im A-Cup, also ca. weiße Spur D-Cup vergleichen. Die mittlere Spur in Santigosa wird passend für Teilnehmer der Klasse „Expert“ im A-Cup also gelbe Spur im D-Cup sein. Die Expertenspur in Santigosa ist nur jenen Teilnehmern zu empfehlen, die im A-Cup in der Experten-Spur meist auf Null, bzw. im D-Cup „Gelb+“ fahren. Wer jedoch für sich die richtige Spur gefunden hat, und Langstreckentrials mag.
- Wer es lieber hat, eine Sektion nur einmal zu befahren und
- einen Regenwurm davor bewahren will, ihn viermal aus drei Richtungen zu überfahren.
- Wer es mag, auch beim Klassik-Trial Sport körperlich und fahrtechnisch gefordert zu werden.
Der wird sich in Santigosa pudelwohl fühlen. Aus der fahrerischen Sicht kommt man um Begriffe wie „fantastisch“, „super“ usw. nicht umhin. Auch organisatorisch steht der Bewerb auf höchsten Niveau. Auch wenn ich persönlich das „Gesellschaftliche“, wie es z.B. in Italien mit einem Fahrerdinner gerne zelebriert wird, etwas vermisste.

 

Je mehr internationale Bewerbe ich kennen gelernt habe, desto unmöglicher wird es mir zu sagen: „Das ist / war das beste Trial“. Aber wenn es jemals im Klassik-Trial eine Champions-League wie im Fussball geben sollte, dann müsste Santigosa in dieser Kategorie fix gesetzt werden.

Zitat: „Als Frederick aufgehört hatte, klatschten alle und riefen: „Frederick, du bist ja ein Dichter!“ Frederick wurde rot , verbeugte sich und sagte bescheiden: „Ich weiß es, ihr lieben Mäusegesichter.“

Alfred, im Jänner 2014

 

Quellenhinweis: "Frederick", Nacherzählung und Zitate aus: „Frederick“ von Leo Lionni, ISBN: 3 407 76007 8

Mediencenter

Besucher vom Trialgarten aus Österreich: J. Wallmann und J. Fischer. Image: www.todotrial.com
Besucher vom Trialgarten aus Österreich: J. Wallmann und J. Fischer. Image: www.todotrial.com

Bericht zum 2 dies Trial Santigosa:

Todotrial.com berichtet über das 2dies Trial Santigosa und verweist auf die international anwesenden Teilnehmer:

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Ergebnisse auf der Clubseites des Trialclub San Joan de Arbadesses

Ergebnisse >>

Fotogallerie aus El9Nou.cat

Fotogallerien El9NOU.CAT:

 

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Fotogallerie aus Motocat.cat

Fotogallerie Motocat.cat:

 

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