Portrait: Alfred Koch
Alfred ("Alf") Koch (Jahrgang 1948) zählt seit dem Jahr 2001 mit der von ihm betriebenen Internetseite www.trials.at zu den Stützen des österreichischen Trialsport. Seit nunmehr zwanzig Jahren unterhält Koch die österreichische Trialszene mit Fotos, Filmen und Berichten zu den Veranstaltungen.
a-trial: Du fährst auch regelmäßig mit Deinem Straßenmotorrad zu den Bewerben. Wie kamst du zum Motorradsport?
Koch: In den 1970er Jahren arbeitete ich im alten Videowerk von Philips, das sich damals noch in der Simmeringer Hauptstraße befand. Arbeitskollegen berichteten mir davon, dass
Sie auf den Wienerberggründen Motocross und auch Trial fuhren. Das interessierte mich, aber ich hatte noch überhaupt kein Motorrad. Anfang der 1970er Jahre gab es den, für mich
entscheidenden Moment: Im österreichischen TV sah ich, wie der damals mir unbekannte Walther Luft mit seinem Motorrad über die Treppen einfach in das TV-Studio fuhr. Das war für mich der
Anstoß, das wollte ich auch machen.
a-trial: Das heißt, Deine Einstiegsdroge zum Motorradfahren war der
Trialsport?
Koch: nicht
ganz. Mein erstes Motorrad war eine Horex Regina. Das Höllending schaffte 180 km. Aber leider nicht pro Stunde
sondern gesamte Laufleistung.
Ein abgerissenes Ventil beendete meine Karriere auf der Straße noch bevor Sie überhaupt angefangen hatte.
a-trial: was folgte dann also der Horex?
Koch: Nach dem Horex-Drama wollte ich machen was mich interessierte: Trial. Ich begann mit einer Bultaco Lobito. Es folgte eine Bultaco Sherpa, danach eine Montesa 348, danach
eine Fantic 125 und letztendlich eine Fantic 201, die ich heute noch fahre.
a-trial: In welcher Leistungsklasse bist du gefahren?
Koch: In Österreich gab es in meiner „sportlichen“ Trialkarriere nur zwei Klassen: A (das waren die Experten) und B (das waren „alle Anderen“). Als "B"-Fahrer zählte ich zu
jenen, denen es wichtig war, zu einigen Bewerben fahren, das Nenngeld zu zahlen um teilnehmen und die Trialfreunde treffen zu können. Der running Gag war damals: "B sind die
Besseren"!
a-trial: gab es trotzdem sportliche Erfolge?
Koch: nein, außer einem Tischtennisturnier und die Gentleman-Jahreswertung im Klassik-Trial A-Cup habe ich nie etwas gewonnen.
Abgesehen vielleicht von ein paar Clubtrials im kleinen Kreis. Aber der Gewinn der Jahreswertung im A-Cup hat für mich persönlich einen sehr großen Stellenwert.
a-trial: Du warst aber auch als Funktionär für den SV-Schauerberg aktiv?
Koch: ja, ich war Leiter der Sektion Motorsport im SV Schauerberg. In den 1980iger Jahren bildete sich eine starke Trialszene im Süden Niederösterreichs. Für unsere Trialgruppe
war es sinnvoller, sich einem bestehenden Sportverein (SV Schauerberg) mit einer separaten Sektion Motorsport anzuschließen, als einen völlig neuen Verein zu gründen. Als die Herren Rieger
Gerhard und Berger Norbert nach mir die Sektion übernahmen, zählte der Club mit ca. 40 aktiven Fahrern zu den größten in Österreich.
a-trial: Der SV Schauerberg veranstaltet nach einigen Jahren Pause auch heute noch unter der Leitung von Caro Leitner Staatsmeisterschaftsläufe.Koch: Ja, mit großer Freude sehe ich, mit welch großem Einsatz und Erfolg diese Tradition unter Caro fortgesetzt wird. Mit den Bewerben haben wir damals schon sehr früh angefangen. Zum einen haben wir gemeinsam mit anderen Trialclubs aus der Umgebung (Piesting, TT Schwarzatal, Neunkirchen) eine Clubmeisterschaft organisiert, an der nur die Mitglieder der veranstaltenden Clubs teilnehmen durften. Andererseits haben wir in super Zusammenarbeit mit der OSK (heute AMF) auch einige Staatsmeisterschaftsläufe veranstaltet. Damals sind wir noch mit Kurt Wagner (noch heute in der AMF tätig) im Wald herum gerannt und haben Sektionen gebaut bzw. kontrolliert. Das war schon auch eine schöne Zeit!
Video Archiv Koch: ÖM Trial Mannersdorf
a-trial: abgesehen von Medaillen und Pokalen, was waren die für Dich unvergessliche Trial-Momente?
Koch: Zu aller erst war es der bereits erwähnte TV-Auftritt von Walther Luft. Das war für mich die Initialzündung. Dank des Engagement von Ludwig Steiger wurden die WM-Läufe
und das Trial der Nationen in Piesting veranstaltet. Ich war Punkterichter und durfte hautnah den damaligen besten des Trialsports bei Ihrem Tun zusehen. Das beeindruckte mich sehr. 2003 sah ich
beim WM-Lauf in Kiefersfelden zu. Hier konnte ich die Weiterentwicklung des Sports hautnah beobachten. Dann war auch meine Teilnahme bei der WM-Veranstaltung des Triumph Clubs in Spital am
Semmering.
Ja, und nicht zu vergessen: In Ottertal, meinem Heimatsort, wurde das Jugendlager der Feuerwehrjugend veranstaltet. Man muß sich vorstellen: 5000 Jugendliche verbringen eine Woche in einem Ort
mit 600 Einwohnern. Im Unterhaltungsprogramm war auch eine Trialshow vorgesehen. Organisiert wurde sie von Ludwig Steiger und gefahren sind Erich Brandauer und Werner Redl. Ich hatte
die Aufgabe des Moderators inne. Das war der Zeitpunkt, als ich im Ort als Trialguru bekannt wurde und auch später immer wieder darauf angesprochen wurde.
a-trial: Du hast auch an einem WM-Lauf teilgenommen?
Koch: Fast könnte man das so sagen: Als Rahmenprogramm gab es einen Promi-Bewerb, der parallel zu einem Bewerb für Hobby-Fahrer durchgeführt wurde. Damalige
Sportgrößen wie Franz Klammer, Werner Grissmann und viele weitere nahmen daran teil. Der ORF zeichnete das auch auf und gestaltete einen Beitrag dazu. An dieser Veranstaltung nahm ich teil. Mit
meinem Freund Franz Hartmann analysierten wir unsere Chancen auch im TV-Beitrag ins Bild zu kommen. Letztendlich fanden wir nur zwei Möglichkeiten: 1.) einen Promi-Fahrer über den Haufen zu
fahren, oder 2.) einen spektakulären Abstieg zu zeigen. Mein Freund Franz entschied sich erfolgreich für Variante 2.) und kam in den Beitrag.
Video Archiv Koch: Trial WM Spital Semmering
a-trial: Wie kamst du zu Foto und Film?
Koch: Gefilmt habe ich schon in der Jugend. Als Schüler habe ich meinen Vater als Ferialpraktikant nach Israel begleitet, der damals eine Maschine in Haiffa aufbaute.
Nebenbei habe ich einen Super8-Film über Israel gestaltet. Heute betrachtet würde man meinen, ich wäre unter Dauerbeschuß gestanden, weil alles so verwackelt war.
a-trial: Aber trials.at ist für die Fotoserien zu den Veranstaltungen bekannt!
Koch: Auch beim Trial habe ich mit der Videokamera begonnen. Aus dem vorhandenen Videomaterial habe ich Screenshotserstellt und online gestellt. Die schlechte
Bildqualität war gar nicht weiter schlimm. Im Jahr 2001 hatten die meisten noch einen langsamen Internetzugang über analoge Modems und die Bilder sollten daher nur 50 kB
Datenumfang haben. Daher war diese Technik absolut ausreichend.
a-trial: Wie kamst du auf die Idee trials.at zu gründen?
Koch: ca. 1998 erkrankte ich sehr schwer. Am Tiefpunkt wog ich weniger als 50kg. Im Jahr 2000 war ich wieder einigermaßen genesen, konnte aber meinen Beruf nicht mehr ausüben,
weshalb ich frühpensioniert wurde. Ich kannte mich am PC einigermaßen aus und liebte Film/Foto sowie Trial. Das kombinierte ich dann. Ja, für mich war das natürlich eine sinnvolle
Beschäftigungstherapie.
a-trial: Du verfolgst die Trialszene seit vielen Jahren als Teilnehmer und Hobbyjournalist. Was waren Deiner Meinung nach die Meilensteine im österreichischen
Trialsports?
Koch: Da sind zuerst die Triallegenden aufzuzählen: vorne weg: Luft Walther (er inspirierte ja auch mich zum Trialsport!), dann wären Joe Wallmann, Gottfried Engstler. In
den 1980er Jahren, hatte ich beruflich und familiär eine Trialpause und danach waren es Erich Brandauer, Richard Hitzler und Markus Adamec. Das waren Idoler für viele Nachwuchs- aber auch
Hobbytrialer. Der „Direktor“ Hartwig Kamarad muß mit seinem organisatorischen Talent auch in dieser Liste genannt werden. Als Promotor war Wickerl (Ludwig) Steiger von enormer Wichtigkeit für den
Österreichischen Trialsport. Er organisierte WM-Läufe und das Trial der Nationen in Österreich und ermöglichte die internationale Anerkennung von österr. Staatsmeistern durch die FIM aufgrund
seiner Zusammenarbeit mit dem ÖAMTC in seiner BTTA-Serie.
a-trial: Wechseln wir aus der Vergangenheit in die Gegenwart: Marco Mempör aus Niederösterreich wurde mit siebzehn Jahren Junioreneuropameister und hat einen
Junioren-WM-Lauf gewonnen. Wie siehst du seine Entwicklung, wohin kann sein Weg noch führen?
Koch: Bei Marco passt sehr viel sehr gut zusammen: Talent – Trainingsfleiß – Umfeld – und Marco ist noch jung. Da ist einiges möglich, vorausgesetzt er bleibt gesund, fit
und fokussiert. In Österreich ist er bereits Spitze und wird auch für die nächste Zeit sicher der Gejagte sein, den es zu besiegen gelten wird. Marco hat auch das Zeug dazu, einen Sog für weitere
Jugendliche in Richtung internationaler Spitzensport zu erzeugen. Aber wohin der Weg führen kann ist schwer zu beantworten. Franzi Kadlec und Alex Ferrer sind in Ihren Ländern auch dominant. Aber
auf höchster Ebene macht der spanische Nachwuchs die Luft sehr dünn. Um diese Riege zu knacken bedarf es wohl eines Jahrhunderttaltents. Aber wer weiß?
a-trial: Du nanntest unter anderen das Umfeld von Marco als Mitgrund für diese herausragende Entwicklung. Da ist wohl primär sein Vater Mario gemeint, der noch vor wenigen Jahren
selbst als exzellenter Fahrer an der österr. Meisterschaft teilnahm und FIM Vize-Europameister in der Seniorenklasse wurde. Mario Mempör ist die treibende Kraft für den Hallentrial-WM-Lauf in Wr.
Neustadt, der coronabedingt auf den 14. November 2020 verschoben werden mußte. Welche Bedeutung hat eine solche Veranstaltung für den österr. Trialsport?
Koch: Ich sehe das als riesige Würdigung für den Veranstalter Mario Mempör. Nur wenige schaffen es so erfolgreich, einerseits die hohen Vorgaben für die X-Trial Serie zu
erfüllen und andererseits das Publikum für eine volle Halle zu erreichen. Die X-Trial Serie ist wahnsinnige Zirkusshow, in dem eine Handvoll Akrobaten atemberaubende Aktionen liefern. Für den
Breitensport wird die Multiplikatorwirkung eher gering sein. Hier hätte eine Outdoor-WM-Veranstaltung vermutlich eine größere Sogwirkung. Aber das ist auch nicht das Ziel eines
Hallentrials! Die Hallentrial-WM ist ein enormes Spektakel und bringt dem Trialsport eine einmalige mediale Aufmerksamkeit. Der Erfolg gibt Mario Mempor absolut recht und ich bin sicher,
dass die Halle in Wiener Neustadt auch im November krachend voll sein wird. Ich freue mich schon darauf!
a-trial: Du kennst die österreichische Trialveranstaltungszene seit Beginn an. Wie siehst du die Trialszene derzeit im ÖTSV unter der Leitung von Erich Diestinger aufgestellt?
Koch: Der Trialsport steht derzeit besser als jemals zuvor da, ohne die Verdienste von Ludwig Steiger und Rudolf Beisteiner usw. schmälern zu wollen. Durch die Gründung des ÖTSV und der Neuorganisation unter Dr. Andreas Pascher wurden die Trialveranstaltungen und somit auch der Veranstalter auf die sichere Seite gestellt. Das Zusammenspiel zwischen AMF (früher OSK) und ÖTSV funktioniert perfekt. Alle Serien sind topp aufgestellt und organisiert. Mit Diestinger als ÖTSV Präsident geht es gar nicht besser!
a-trial: abschließend die Frage nach der Zukunftstechnologie: Viertakt – Zweitakt – oder Elektrisch?
Koch: Der elektrische Antrieb wird die Zukunft werden. Der Trialsport ist von allen Motorsportarten am ehesten elektrotauglich. Aus technischer Sicht kann eine elektrisch
betriebenes Sportgerät (mit Ersatzakkus) schon heute bei den meisten Veranstaltungen eingesetzt werden.